Call for Papers: "Staat, Internet und digitale Gouvernementalität"
06.02.2015
Die Tagung findet vom 30. September bis 2. Oktober 2015 an der Universität Erfurt statt. Deadline für Einreichungen ist der 31. März 2015.
Den Beziehungen von Staat und Internet wurde lange Zeit kein großes Interesse entgegen gebracht. In gesellschaftspolitischen Debatten wurde der Staat in den zurückliegenden drei Jahrzehnten als altes und verkrustetes Gebilde betrachtet, das sich zu einem schlanken Verwaltungsapparat zu wandeln und sich in Bezug auf neue digitale Technologien vor allem zurückzuhalten habe. Das Internet wiederum galt als gänzlich neue Entwicklung, das Utopien von neuen Gesellschaften und neuen Märkten jenseits staatlicher Ordnungen befeuerte. Diese Erzählungen waren jedoch von Beginn an unvollständig. Der Staat bzw. Staaten beeinflussten bereits durch die Förderung der grundlegenden Technologieentwicklung entscheidend die Entstehung des Internets, wobei auch militärische Interessen an einer dezentralisierten Kommunikationsinfrastruktur eine Rolle spielten. Staatliches Interesse am, aber vor allem der staatliche Einfluss auf das Internet zeigt sich in jüngerer Zeit, etwa wenn in Ägypten "das Internet abgeschaltet" wird, wenn Russland eine virtuelle "Große Patriotische Mauer" rundum das "eigene" Internet zu errichten versucht, oder wenn die Bundesregierung "deutsches Recht auf deutschem Boden" für das Internet fordert. Auch werden die Dominanz der USA im Internet, die Nutzung des Netzes als neuer Kampfplatz für Cyberkriege und nicht zuletzt neue Formen der geheimdienstlichen Überwachung via Internet kritisiert. Staat und Internet bilden also keineswegs voneinander getrennte oder gar gegensätzliche Erscheinungen.
Die Tagung stellt vor diesem Hintergrund die Frage nach den Beziehungen von Staat und Internet neu. Dabei wollen wir uns nicht ausschließlich auf bestimmte Staaten oder bestimmte Staatskonzepte konzentrieren und das Internet sowohl als digitale Infrastruktur, als Softwarearchitektur, als Netzwerk digitaler Anwendungen und deren konkrete Nutzung verstehen, um so einen Raum für vielfältige, interdisziplinäre Diskussionen zu eröffnen. Der Blick auf die Beziehungen von Staat und Internet soll dabei insbesondere gegenseitige Beeinflussungen, Durchdringungen und Transformationen zwischen etablierten staatlichen Ordnungen und neuen Technologien herausstellen. Als ein Ausgangspunkt der Debatte dient das klassische Staatsverständnis der politischen Soziologie, das Staaten als Zusammenhang von Staatsgebiet, Staatsmacht und Staatsvolk betrachtet.
Gewünscht sind vielfältige Beiträge, die sich theoretisch und/oder empirisch sowie vergleichend mit den Beziehungen von Staat und Internet auseinandersetzen. Die Tagung strebt einen interdisziplinären Austausch von ReferentInnen aus den unterschiedlichen Fachrichtungen an (Sozialwissenschaften, Rechtswissenschaften, Kommunikations- und Medienwissenschaften, Kulturwissenschaften u.a.). Beiträge von NachwuchswissenschaftlerInnen sind ausdrücklich gewünscht. Beiträge in englischer Sprache sind willkommen.
Der vollständige Call for Papers kann hier heruntergeladen werden.
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